Dienstag, 5. Februar 2013

Irgendwas ist immer

Gestern waren wir seit langem mal wieder außer Haus essen. Der Grund: eine Einladung von Oma Marion. Schön.
Eigentlich.
Uneigentlich aber auch wahnsinnig stressig.

Denn während man mit der einen Hand zu essen versucht, hält man mit der anderen das Kind vom Kamikaze-Sprung aus dem Hochstuhl ab. Fängt Fischstäbchen- und Kartoffel-Wurfgeschosse auf, hebt gefühlte 3.001 mal den Schnabelbecher auf und hindert das Kind am Griff nach Steakmesser, Tischset oder Bierglas.

Ganz nebenbei will sich natürlich auch unterhalten werden. Und Augenkontakt mit dem Gegenüber halten wäre - zumindest ab und zu - auch ganz nett. Schwierig nur, wenn man immer ein Auge auf dem Zwerg haben muss. Und: wenn dieser die Akustik im Restaurant als würdig betrachtet, mal wieder so richtig die Leistungsfähigkeit der eigenen Stimme zu testen, dann versteht man eh sein eigenes Wort nicht. Leider fehlt mir das entsprechende Phlegma, um mir dann nicht auch noch Gedanken um die um uns herum sitzenden Gäste zu machen. Und dabei ist der kleine Kerl sonst eigentlich immer so lieb ... Warum in dreiteufelsnamen ist er also ausgerechnet heute so dermaßen unausstehlich?! Oder ist er das schon die ganze Woche? Einen Monat? Ein Jahr? Womit wir beim Thema wären: Irgendwas ist eigentlich immer!


Ganz im Ernst. So langsam habe ich den Verdacht, dass Bücher (oder in unserem Fall: Apps) mit dem - unter Eltern - weit verbreiteten Titel "Oje, ich wachse!" nur dazu da sind, Mama und Papa von der Babyklappe fern oder dem Sprung von der nächstgelegenen Brücke abzuhalten.

Innerhalb der ersten 14 Monate wird hier die Entwicklung des Kindes in so genannte "Sprünge" oder auch "Wachstumsschübe" unterteilt, die erklären sollen, warum ein Kind jetzt gerade wieder so besonders nervig ist. Zwischen den Sprüngen liegen immer nur ein paar Wochen, in denen theoretisch alles rund laufen müsste ... wären da nicht die Zähne. Koliken. Eine Erkältung. Drei-Tage-Fieber. Durchfall. Verstopfung. Oder eine Veränderung im Tagesablauf, die das Kind durcheinander gebracht hat.


Unser Sohn befindet sich (angeblich) gerade am Anfang des Sprungs "Prinzipien", der laut "Oje, ich wachse!" zwischen der 59,5 bis 61,5 Lebenswoche der Familie das Leben zur Hölle macht.
Jetzt testet er seine Grenzen aus. Braucht klare Regeln und belohnt uns im Anschluss dann damit, dass er den Unterschied zwischen "mein" und "dein" versteht, sowie das "vorausdenken" also ein planvolles Handeln erlernt hat. Soso.

Gleichzeitig schiebt sich gerade ein echter Brocken von einem Backenzahn durchs geschwollene, aufgerissene Zahnfleisch. Wie das weh tun muss.
Und da war doch noch irgendwas, oder? Ach ja. Man sagt, dass es den Kindern unheimlich zu schaffen macht - also in Sachen "Sicht der Welt" und so - wenn sie das Laufen lernen. Das steht bei unserem Zwerg auch seit Wochen kurz bevor ... also - da haben wir es doch. Kein Wunder also, dass er so quengelig, weinerlich, nervig und anstrengend ist. Uff.

Zusammfassend wird uns also immer wieder vermittelt: "Das ist nur eine Phase" - "das geht vorüber" - "bald ist alles gut!" - "haltet nur noch ein bisschen durch..." ... und das tun wir dann auch tapfer. Seit über einem Jahr. Wir hangeln uns von "Schub" zu "Schub" und sind erleichtert über jede noch so banal oder unwarscheinlich klingende Erklärung für das Verhalten unseres kleinen Teufels. Was bleibt uns auch übrig?

Wüsste ich sicher, dass das die nächsten 17 Jahre so weiter geht ... ein bisschen Schmierseife, eine Angelschnur und der Glaube an die eigene Kraft - und auch ein Kleinkind von elf Kilo passt noch in die Babyklappe. Wetten?

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