Mittwoch, 22. Mai 2013

Schlafen - ein Thema voller Missverständnisse

I LOVE Mittagsschlaf!
Als um den Muttertag herum der "Mama" Clip von Nivea die Runde machte, traf er mich direkt ins Herz. Nicht nur, dass der Junge in dem Spot übern Daumen genauso alt wie mein Zwerg ist, der Zusammenschnitt der Szenen passt auch wie der Popo aufs Töpfchen.
 Fünf Mal habe ich das Video auf youtube angeklickt. Und jedes Mal musste ich weinen. Nicht, weil mich das "niedliche Kind" so gerührt hätte, sondern weil mir das erste Mal so wirklich bewusst wurde, wie MÜDE ich tatsächlich bin. Und: weil ich mir insgeheim so sehr wünschte, dass mein Sohn BITTE genau diese Gedanken hat, wenn er mich nicht schlafen lässt, in der übervollen Straßenbahn plötzlich scheinbar grundlos los brüllt um sich im nächsten Moment schutzsuchend an mich zu kuscheln.
Denn umso müder man wird, desto eher ertappt man sich bei dem Gedanken, dass das Kind das doch nur macht, um einen systematisch in den Wahnsinn zu treiben. Oder: weil es von Grund auf böse ist. Besessen. Und wenn man erst einmal an diesem Punkt ist, ist man garantiert tatsächlich nicht mehr sehr weit vom Wahnsinn entfernt.

Rückblickend: kein Wunder.

Frisch geschlüpft durfte Mads die ersten acht Wochen seines Lebens direkt neben meinem Kopfkissen schlafen. Klein. Bewegungslos. Null Problemo. Geschlafen habe ich trotzdem kaum. Ich hatte viel zu viel Angst, dass ich mich auf ihn rollen könnte oder er irgendwie aus dem Bett purzelt. Ganz abgesehen davon wollte er alle zwei bis drei Stunden was zum Futtern ... und ich gehörte leider nicht zu den super-entspannten Mamis, die das im Halbschlaf und Liegend hin bekommen. Schon allein deshalb, weil danach immer die Windel voll war...


Vom dritten bis zum vierten Lebensmonat nächtigte er dann im Beistellbett. Und ich stillte im Schnitt noch immer alle drei Stunden. DAS muss dann auch der Grund gewesen sein, warum das Kind schon am Ende seines vierten Monats auf Erden aus dem Bettchen herausgewachsen war. Das Kinderbett wurde also ins Schlafzimmer gerollt ... das Beistellbett in den Keller.

In punkto Einschlafrituale habe ich ab Monat drei parallel experimentiert. Babymassage und instrumentale Schlaflieder. Nö. Auf dem Arm wiegen. Joa - aber viel zu anstrengend. Also: Im Arm halten und dabei auf einem Sitzball wippen. Klappte. Ging aber nach ein paar Wochen ins Kreuz. Außerdem war das Ablegen im vergleichsweise bewegungsarmen Bett immer ein Risiko. Und sowieso: Das Kind muss im eigenen Bett einschlafen, sonst klappt das nie. Sagen die Experten. Und die sagen zwar viel - aber das hab ich eingesehen. Also: wach ins Bett, Händchen halten und Schlaflieder summen. Ging jetzt nicht sooo gut. Spieluhr? Nope.
Dann las ich in einem Forum von der wundersamen Wirkung des "weißen Rauschens", eine Art Fön mit leisen Herztönen im Hintergrund. Und - es klappte. Umso lauter, desto schneller und besser. Angeblich, weil diese Geräuschkulisse der Akustik im Mutterleib ähnelt. Das Rauschen des Blutes, der Herzschlag der Mutter ... Gruselig. Aber egal. Hauptsache das Kind machte die Äuglein zu.

Das neue Problem ab dem fünften Monat: Unser Sohn hatte plötzlich einen sehr leichten Schlaf und wachte auf, sobald wir husteten, jemand (räusper, also ich nicht) schnarchte oder sich schlicht die Bettdecke im falschen Moment bewegte. Der Auszug aus dem elterlichen Schlafzimmer war also angesagt. Kurzum: Alles wieder auf Anfang. Mit weißem Rauschen, Händchen halten und "Stille Nacht" summen, klappte es schließlich. Noch besser wenn zum Einschlafen eine warme Milch gereicht wurde. Eine zeitlang nahmen wir alles in Kauf, nur um mal wieder drei Stunden am Stück schlafen zu können. Machte sich das langfristig bezahlt? Eher nicht.

Wir machten in den folgenden Monaten in der Nacht bis zu drei Mal ein Fläschen (ja, das Stillen hatte sich ab Monat acht komplett erledigt), reduzierten sogar die Pulvermenge auf einen (statt sechs) Löffel, damit er entwöhnt wird. Oder wir gaben ihm Abends extra dicken Grießbrei, damit er satt und zufrieden durchschläft. Es half alles nichts. Kamen Zähne, war er krank oder mitten in einem "Sprung", schlief er tageweise sogar wieder bei uns im Bett. Nicht schön - weil vornehmlich quer.
Und während all der Monate verbrachte ich Stunden mit der Recherche nach dem einen, einzigen Weg zu einem zufrieden (durch-)schlafenden Kind. In Foren, auf Expertenseiten und in Communities. Mein Fazit: Jedes Kind schläft anders. Und tausend Wege führen ins Traumland. Der Schlaf eines Kindes ist ein Thema das Bücher verkauft. Zu Recht. Ich würde auch immer wieder alles durch probieren ;-)

Heute zum Glück nur noch ein Gag - natürlich nur bis er selbst aus seinem Bett klettern und Türen alleine öffnen kann ... (Kissenbezüge von fab.de)
Erst als Mads ein Jahr alt war, fragte ich schließlich unseren Kinderarzt: "Ist das eigentlich okay, dass er immer noch zwei bis drei Mal in der Nacht ein Fläschen bekommt?" "Ui, das ist ein klassischer Anfängerfehler. Sie geben ihm wohl auch was zum Einschlafen?" "Äh, ja..." "Das ist dann ja auch kein Wunder: Er ist gewohnt so einzuschlafen. Wenn er also Nachts wach wird, braucht er genau dieses Ritual, um wieder zur Ruhe zu kommen. Wenn Sie heute damit aufhören, sich ab sofort nur noch mit ins Zimmer setzen - damit er nicht allein ist - aber nicht mehr Füttern oder die Hand halten, schläft er in zwei Wochen durch". Und was soll ich sagen? Wir brauchten nur eine. Und genau genommen waren nur die ersten drei Nächte wirklich schlimm. Und das auch eher für meinen Mann, der sich tapfer ins Kinderzimmer setzte und das alles aushielt. Das mit dem "weinen lassen" ist ja sehr umstritten. Aber ich muss zugeben: Hätten wir diesen Tipp nicht bekommen, ich wäre durchgedreht. 

Ein Jahr und eine Woche. Mit maximal vier Stunden Schlaf am Stück. Kasperletheater rund ums Kinderbett und wöchentlich wechselnde Experimente. Ich war am Ende.
Warum ich mich nun, nach fast sechs Monaten danach darüber beklage, dass ich so müde sei? Weil wir nur allzu schnell vergessen was war. Weil unser Kind jetzt nur (!) zehn bis elf Stunden am Stück schläft. Weil ich mir manchmal einen Arm abhacken würde, um mal länger als bis 06:00 Uhr schlafen zu dürfen. Und, weil ich glaube, dass die gesammelte Müdigkeit des ersten Baby-Jahres erst jetzt so langsam heraus bricht. Und der Frust. Insofern hilft es sehr, wenn ich glauben darf, dass mein Kind denkt: "Mama sieht müde aus ... aber ich konnte heute Morgen einfach nicht mehr schlafen ... und in der Nacht wollte ich nur wissen, ob sie noch da ist... und beim zweiten Mal habe ich sie einfach vermisst" wer kann ihm dann schon lange böse sein?!

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