Freitag, 9. September 2016

Gender. Oder: warum mein Sohn eine Disney-Prinzessin sein darf.


Hallo. 
Ich heiße Katharina 
und mein vierjähriger Sohn wäre gerne ... 
eine Disney-Prinzessin.

Und das kam so.
Mit nur einem Jahr trug er wo er ging und stand eine pinkfarbene Spielzeugkiste auf dem Kopf, die ihm als Helm (mutmaßlich Bauarbeiter) diente. Im Alter von zwei Jahren machte er schon mit Sonnenbrille, Schmollippe und langen Ketten auf Elton John ... oder Elvis. Istjaauchegal. Wichtig ist: In seiner Welt machte der Look einfach Sinn.
Heute, zweieinhalb Jahre später, stehen Schneewittchen und Eiskönigin Elsa hoch im Kurs. Letztere hat er sich – als 50 cm Softdoll – von Herzen gewünscht (und bekommen!). Den Titelsong von "Die Eiskönigin" kann er längst auswendig – exaltierte Choreo inklusive. 

Und es kommt noch besser, denn im Kindergarten hüllt er sich mit Vorliebe in das Schneewittchen-Kostüm. Oft. Genau genommen: sehr oft. Und das nicht einmal, um tatsächlich Schneewittchen zu sein. Er trägt das Kleid einfach gerne. Ist darin dann aber ganz einfach Mads oder eben Fotograf (s.u).

Sorgen gemacht habe ich mir deshalb nicht. Warum auch.
Denn dass er mich beim Abholen wiederholt in Märchenrobe begrüßte, hieß ja wohl, dass er nach dem ersten Tragen des Kleides nicht gehänselt worden war. Doch auch darauf komme ich erst jetzt. Denn: Dass das andere Eltern (und leider auch: Kinder!) möglicherweise nicht ganz so locker sehen, darauf brachten mich schlussendlich erst die Ergebnisse einer Studie, die die Kolleginnen der Edition F hier vor kurzem einmal genauer unter die Lupe nahmen.

Zusammengefasst: es wurde herausgefunden, dass die häufige Beschäftigung mit Disney-Prinzessinnen Mädchen anfällig für Gender-Stereotype macht. Is klar. Die Überraschung und auch irgendwie die logische Konsequenz: für Jungs gilt das Gegenteil!
Die Beschäftigung mit Arielle, Schneewittchen, Elsa & Co. sorgte bei den Jungs tatsächlich für ein besseres Körpergefühl und eine größere Hilfsbereitschaft anderen gegenüber. Und mal ehrlich: Wer könnte dagegen etwas einzuwenden haben?
Scheinbar: Viele.
Denn allein die Beschäftigung mit dem Thema und die Notwendigkeit einer Studie machen klar: bis zur Disney-Prinzessinnen-Emanzipation ist es offenbar noch ein langer, steiniger Weg. 

Und so ist auch dies nicht wirklich überraschend: Umso älter Mads wird, desto häufiger kommt es  vor, dass andere Kinder ihn darauf hinweisen, dass Puppen Mädchenspielzeug wären und selbst Angesichts seiner Spielküche fühlte sich ein 5-jähriger vor Kurzem bemüßigt, lauthals:"Haha, Du bist ein Mädchen!" zu brüllen. Das tut der Mama (und dem ehemaligen Mädchen) natürlich doppelt weh.

Mein Sohn wäre gerne eine Disney-Prinzessin.
Na und?
Manchmal wünscht er sich auch, er wäre ein Feuerwehrmann, Müllauto-Fahrer, Zoowärter, Spiderman, Papa oder Mama (!) ... aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass er bitteschön sein darf, was er möchte. Ich will, dass er lauthals die Hymne der Eiskönigin schmettern darf und dazu steht, dass er es liebt, sich in einem weit schwingenden Rock wie ein Brummkreisel zu drehen. Sehr wahrscheinlich hört das irgendwann auf. Vielleicht aber auch nicht. Doch selbst dann bleibt er ein toller, kreativer, lustiger und rundum liebenswerter Mensch. Vielleicht macht ihn tatsächlich sogar genau das noch eine ganze Ecke liebenswerter. Punkt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen