Montag, 1. September 2014

Die ewige Frage nach dem Zweiten

Ist man bereits lange Zeit ein Paar, fragen "alle" nach der Hochzeit.
Ab dem "Jawort": nach dem ersten Kind.
Ist das dann da – folgt die Frage nach dem Zweiten ...


"Erst mal noch nicht" wird nach fast drei Jahren mit Kind Nummer Eins nicht mehr wortlos hingenommen. Man wolle doch nicht, dass der Altersunterschied zwischen den Geschwistern zu groß werde ... oder? Von dem zwischen Mutter und Kind ganz zu schweigen: "Du bist ja jetzt auch schon Mitte 30!" Neinnein. Jaja. Und: Ich weiß ja auch nicht.

Fakt ist: Vor der Geburt von Kind Nummer Eins stand fest: "Zwei Kinder sind Minimum!" Doch schon  Stunden nach der Niederkunft begann ich an diesem Plan gewaltig zu zweifeln. "Kinder haben" fühlte sich nämlich auf einmal gar nicht mehr leicht, pastellfarben und zuckersüß an.
Von Minute Eins an saß die Verantwortung stattdessen wie ein dicker Elefant auf meinem Brustkorb und ließ sich – so sehr ich auch strampelte – einfach nicht abschütteln.

Darauf folgten unzählige kurze Nächte, Wachstumsschübe, Zähnchen und erste Krankheiten. Streit mit Papa. Angst vor der Zukunft und um die Karriere. Figur-Frust und Sehnsucht nach dem alten Leben.

Und nun wird unser Sohn in wenigen Wochen bereits drei Jahre alt.
Das bedeutet: Er läuft, spricht und ist zum Teil sogar schon für logische Argumentation offen ... das erleichtert so einiges. Darüber hinaus klappt die Betreuung in der Krippe wunderbar, er ist selten krank und liebt die Übernachtungsbesuche bei den Großeltern und Cousine Marlies.

Kurzum: Woche für Woche konnte ich mir einen Teil meines alten Lebens zurück erobern; ich arbeite wieder, mache regelmäßig Sport, gehe hin und wieder aus und verbringe sogar ab und zu "Elternfreie Zeit" mit meinem Mann.
Am Ende des Horizonts zeichnet sich also eine – wenn auch noch sehr verschwommene – goldene Zukunft ab. Na gut: ver-goldet würde mir auch schon reichen. Eine Zukunft ohne Windeln und Buggy, eine Zukunft mit Klassenfahrten, Übernachtungen bei Freunden sowie Urlauben ohne Frustgeschrei im Babybecken (Er!).

Und was tue ich? Ich frage mich "ist jetzt die Zeit für das Zweite?".
Im Ernst. Jetzt, da Sohn Nummer Eins vergleichsweise unkompliziert wird – zum Selbstläufer sozusagen – muss so ein Baby doch mit links zu schaukeln sein. Und man weiß ja: Das Zweite wird ganz anders – also richtig lieb und ruhig. Immer!
Genau wie ich. Mit der Erfahrung der letzten drei Jahre habe ich nun sicher sehr viel mehr Geduld und sehe einiges lockerer.
Und mal ehrlich: Im Rückblick vergingen die letzten 32 Monate wie im Fluge – vor meinem Leben als Mutter habe ich schon längere Zeiträume mit sehr viel bedeutungsloserem Quatsch verplempert – das schaffe ich also ganz locker auch noch ein zweites mal.

Hallo? Bin ich irre? Oder: Warum tut die Natur (?!) so etwas? Es ist das Eine, dass sie mich den Schmerz der Geburt vergessen lässt, aber das Andere, ob sie mich zu einer grenzdebilen Mutantin werden lässt, die sehenden Auges in ihr Unglück stolpert.

Klar: ich liebe mein Kind. Möchte es nicht wieder her geben und bin mehr als froh, dass es ihn gibt. Aber ... ich habe mich auch verändert. Ich bin ungeduldiger und sehr viel autoritärer als ich mir das jemals hätte vorstellen können. In Gedanken habe ich das Kind X-Mal alleine im Wald zurück gelassen, vor einer Kirche ausgesetzt oder aus dem Fenster geworfen.
Ich werde oft laut.
Manchmal wechsle ich tagelang nur die nötigsten Worte mit meinem Mann – bin immer viel zu müde. Ein Glück eigentlich, dass all das Gezeter und Gezicke ihn nicht längst vertrieben hat ... ich wäre gegangen – wenn ich mich zurück lassen könnte.

Und nun möchte ich ein zweites Kind.
Oder etwa doch nicht?

Um ehrlich zu sein ändert sich meine Meinung dazu fast täglich.
Ein Umstand, der auch nicht unbedingt dabei hilft, die richtige Entscheidung zu treffen. Genauso wenig wie die ständigen Fragen nach dem "ob" und "wann".

Zum Glück gehören zu der ganzen Nummer ja immer noch zwei. Und mein Mann wird (hoffentlich) wissen was zu tun ist. Ich werde nämlich ganz offenbar fremdgesteuert – von Mutter-Natur ...

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