Montag, 21. Januar 2013

Das erste Mal: Kinderlos (nach über einem Jahr)

Von Haus aus bin ich gerne mal allein. DAS ist natürlich mit Baby eher schlecht. Kommt auch nicht so gut wenn man diesen Wunsch zu schnell nach der Geburt äußert. Böses Mama-Karma.

Nach mittlerweile gut 13 Monaten mit Kind und mit einem inzwischen optimal eingearbeiteten Mann in Elternzeit traue ich mich endlich. Auf geht's zur Ex-Mitbewohnerin, Ex-Kollegin und aktuell besten Freundin wo gibt. In einer Person versteht sich.

Der Mann reagiert zunächst etwas irritiert auf meine Vorbereitungen: Duschen, Haarkur, Beine rasieren und schließlich: Fingernägel knallrot lackieren. Und vermutet "Verhängnisvolle Affäre" statt "ein Wiedersehen mit Hanni & Nanni" ... Dabei ist das doch alles ganz klar und verständlich: Ich. Fahre. Weg. Ohne Kind. Und damit ich das auch so richtig zelebrieren kann, wird alles was "Mama" schreit (frizzige Haare, pieksende Unterschenkel, stumpfe, kurze Fingernägel) so gut es geht repariert, übergetuscht oder versteckt. Ich verreise in die Vergangenheit. In mein Leben vor dem "Mama sein". Und ich verkleide mich als Ich. Singular. Das Wir bleibt hier.

Eine Frau. Eine Tasche. Nur mit dem Nötigsten versteht sich.
Während der Fahrt im Zug fühle ich mich herrlich leicht. Und nicht nur, weil es sich ohne Verantwortung für einen kleinen Menschen so viel leichter lebt. Ich meine das durchaus ganz wörtlich. Lange bin ich nicht mehr mit so wenig Gepäck gereist. Keine Windeln, Feuchttücher, Wundcreme, Wasserfläschchen, Ersatzschnuller, Unterwegs-Dinkelkekse, Apfelschnitze und Milchbrötchen. Ohne Notfall-Medikamente für spontane, nächtliche Fieberattacken, ohne Schlafsack, Schlafanzug und Ersatz-Schlafanzug, Bilderbücher, Lieblings-Teddy und Holzauto. Weder Wechsel-Kleidung in Größe 80, noch Babyphon oder Schnuffelkissen finden sich in meiner Tasche. Stattdessen: Notizblock, zwei Flaschen Rotwein, Geldbörse, Pyjamahose, Kulturbeutel, ein frisches Höschen sowie ein Shirt und ein Pulli für die Fahrt zurück. Fertig.

Endlich angekommen folgt gleich die nächste Premiere Post-Baby. Treppensteigen. Bis in den fünften Stock. Das macht man mit zappeligen 10,4 kg auf dem Arm nur wenns unbedingt sein muss. Hier gibt es einen Fahrstuhl. Aber ganz allein erklimme ich stattdessen lieber die Stufen.

Zum ersten Abend in Freiheit möchte ich nur so viel sagen: Es war schön, mal wieder etwas zu essen, ohne dass das Kind am Hosenbein zerrt und bettelt ... vor allem da es sich um etwas handelte, das nicht vom Kind übrig gelassen wurde oder irgendwie im Kühlschrank herumlag. Und: es ist beruhigend, dass ich schon wieder eine halbe Flasche Rotwein vertrage, ohne direkt komatös vom Stuhl zu fallen.

Rucolasalat mit Tomaten und gebratenem Hokkaido ... mjam.

Die Nacht war okay. Natürlich schläft man nach über einem Jahr nicht nur deshalb durch, weil man es kann. Mein Sohn hat seine festen Zeiten. Und die habe ich inzwischen auch. Um 04:02 und um 06:20 Uhr bin ich wach. Aber nur kurz. Um 08:00 Uhr gehe ich duschen. Ausgeschlafen.
Nach dem Frühstück und einem Bummel über den Markt, steige ich gegen Mittag in den Zug. Und ich bin stolz auf mich. Nicht ein Mal habe ich sorgenvoll oder sehnsüchtig an mein Kind gedacht. Nur einmal habe ich angerufen. Und ich habe den Ausflug in die Freiheit genossen ...

Ach guck mal, ein Baby ... hach.

Ich freue mich auf mein Kind. Wie es lächelt. Wie es riecht.

Und übrigens: Vom Treppensteigen habe ich Muskelkater im Po ... schöne, neue Welt.

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